Stimmen zur Freiwirtschaft und Silvio Gesell:
John Maynard Keynes:
"Der Zweck von Gesells Buch als Ganzes kann als die Aufstellung eines
antimarxistischen Sozialismus beschrieben werden, eine Reaktion gegen das
laissez-faire, auf theoretischen Grundlagen aufgebaut, die von jenen
von Marx grundverschieden sind. Ich glaube, daß die Zukunft mehr
vom Geiste Gesells als von jenem von Marx lernen wird Das Vorwort
zu `Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld´
wird dem Leser, wenn er es nachschlägt, die moralische Höhe Gesells
zeigen. Die Antwort auf den Marxismus ist nach meiner Ansicht auf den Linien
dieses Vorwortes zu finden."
(Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, Berlin
19, S.300)
Gesellsche Geschäft in Buenos Aires
Photo: © Freiwirtschaftliche Bibliothek Varel
Prof. Joachim Starbatty:
"Die Wirtschaftswissenschaft hat Silvio Gesell tiefe Einblicke in
das Wesen des Geldes und des Zinses zu verdanken, jedoch ist Silvio
Gesell von der nationalökonomischen Zunft immer als Sonderling betrachtet
worden. Er war ja auch kein Professor - und das ist schon verdächtig.
Entscheidend ist, daß die grundsätzlichen Ideen, die
ordnungspolitischen Ideen von Silvio Gesell richtig und vorbildhaft
sind."
(Eine kritische Würdigung der Geldordnung in Silvio Gesells utopischem
Barataria, in: Fragen der Freiheit Nr. 129/1977, S.5 und 30)
Prof. Oswald Hahn:
"Silvio Gesell hat es verstanden, klar und verständlich zu
schreiben - eine Gabe, die sowohl den reinen Theoretikern und Reformern
wie auch machen Praktikern unserer heutigen Zeit weitgehend abgeht. Die
`Natürliche Wirtschaftsordnung´ ist auch heute noch lesenswert...
Gesell entwickelte geniale Konzeptionen und wurde vergessen, während
die jeweiligen weniger genialen Zeitgenossen einige Generationen
blendeten."
In memoriam Silvio Gesell, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen
Nr.6/1980, S.5
Eugen Drewermann:
"Ein anderes vielzitiertes Beispiel liefert das Experiment von Wörgl:
Dort gelang es mit Hilfe eigener Geldscheine,
`Arbeitsbestätigungen´ genannt, durch die Erhebung einer
´Nutzungsgebühr´ eine zinsfreie Wirtschaft zu erstellen mit
dem Ergebnis, daß mitten in der Zeit wachsender
Beschäftigungslosigkeit die Arbeitslosenquote um 25 Prozent innerhalb
eines Jahres sank. (Das Experiment wurde nach einem Jahr abgebrochen, nicht
weil es fehlgeschlagen wäre, sondern weil es zu erfolgreich war;: die
Österreichische Nationalbank sah ihr Monopol gefährdet.Dabei geht
es hier nicht darum, die Freigeldtheorie des Argentiniers Silvio Gesell,
auf welcher das Wörgelsche Experiment basierte, ausführlich
als Alternative zu den Fehlern des derzeitigen monetären Systems
zu diskutieren; es genügt der Hinweis, daß eine solche Alternative
möglich ist(...)"
(Jesus von Nazareth, Befreiung zum Frieden, Bd. 2, Zürich Düsseldorf,
1996; S.499)
Heinz Nixdorf:
"Silvio Gesell hat mich in meinen jungen Jahren beeindruckt"
"Die Ratlosigkeit der Politiker von heute macht die Arbeiten von Silvio
Gesell immer moderner."
(in einem Brief an Tristan Abromeit, zitiert nach: Klaus Schmitt (Hg.:) Silvio
Gesell der "Marx der Anarchisten, Berlin 1989, S.247)
Luise Rinser:
"Da gibt es das sogenannte Experiment Wörgl. Das muß man
nachlesen, da gibt es Bücher drüber. Das Experiment ist
abgewürgt worden vom österreichischen Staat...Ich würde allen
raten, sich mit der Wirtschaftslehre von Silvio Gesell zu
befassen."
(in einem Interview mit der Zeitschrift "info3- Sozialberichte aus der
anthroposophischen Arbeit" Nr.7-8 (1985), S.8
Prof. Dr. Hans Kessler:
"Marktwirtschaft und kapitalistische Marktwirtschaft sind nicht dasselbe,
und wer letztere kritisiert ist damit nicht antimarktwirtschaftlich. Das
Marktprinzip läßt sich bei vernünftiger Regulierung
mit Gerechtigkeit und Erhaltung der Umwelt versöhnen, der Kapitalismus
kaum.
Seit den Arbeiten von Irving Fisher in den dreißiger Jahren und vieler
anderer danach wird immer deutlicher: Ein entscheidemnder Knackpunkt
in dem ganzen Problemknäuel von Wirtschaft-Umwelt-Umverteilung
ist das System von Zins und Zinseszins. Dieses Zinseszinssystem
setzt die Wirtschaft unter einen ständigen Druck zu endloser Expansion
und Profitmaximierung.(...) Die Wurzel des geschilderten Übels liegt
in der Fehlstruktur unseres Geldsystems und - im unkritischen Glauben an
die Fehlerlosigkeit des Zinses."
(in: Kirche und Schule, 12 (1997))
Prof. Dr. Maurice Allais:
"Wir wollen hier ganz besonders den Bahnbrechern wie Proudhon, Walras
und Silvio Gesell unsere Hochachtung bezeugen, die die größte
Versöhnung von Individualismus und Kollektivismus vollbracht haben,
auf der die von uns angestrebte Wirtschaftsordnung beruht."
(in: Economie et Intèrét, Paris 1947, S. 613)
Prof. Dr. Hans-Christian Binswanger:
"Gesell ist der Begründer der `Freiwirtschaftslehre´, ein
ökonomischer Ousider, der jedoch von Keynes in gewissem Sinne als
Vorläufer anerkannt wurde. Er wird daher auch heute vor allem als
Keynesianer, ja geradezu als Hyper-Keynesianer interpretiert, d.h. als Vertreter
einer schule, die im Interesse einer Krisenvermeidung einen möglichst
tiefen (nominalen) Zins propagiert. Gesell hat aber auch erkannt, daß
mit der Reduktion der Zinssätze ein Krisenproblem allein
nicht lösbar ist. (...) Gesell schlägt deswegen als
notwendiges Korrelat zur Einführung des `Freigeldes´ (...) die
Einführung des `Freilandes´ vor. (...) Das Hauptwerk von
Gesell trägt daher auch den Titel `Natürliche
Wirtschaftsordnung durch Freiland (!) und Freigeld´ . Es zeigt
sich, daß man nie die reale Seite der Wirtschaft - d.h. die Beanspruchung
des Bodens bzw. der Ressourcen - aus dem Auge verlieren darf, selbst
wenn man den monetären Faktoren die primäre Bedeutung beimißt.
Das hat Gesell deutlicher erkannt als Keynes."
(in: Arbeit ohne Umweltzerstörung - Strategien einer neuen
Wirtschaftspolitik, Frankfurt 1983, S.246 - 248)
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Erich Mühsam:
"...Gesells theoretische Leistung ist aber mit dieser Stille um seinen
Fortgang nicht abgetan, und wie bedeutungsvoll die Leistung war, wird
dann erkannt werden, wenn sie in der Praxis erprobt werden wird. Gustav
Landauer wußte, was er tat, als er vor elf Jahren empfahl, die
Revolutionierung des Gekldwesens der Räterepublik Bayern dem an Proudhon
geschulten, dabei ganz selbstständigen Denker Gesell anzuvertrauen...
Silvio Gesell war ein sozialer Wegbahner von größtem geistigen
Wuchs; der Spott der Börsenpraktiker und das Gelächter der Marxisten
können seine Bedeutung als Vorkämpfer gerechter und freiheitlicher
Gesellschaftsgestaltung nicht mindern. Die Zeit revolutionärer
Verwirklichung wird dem Toten vieles abzubitten haben, was die Zeit dogmatischer
Unbelehrbarkeit an dem Lebenden und damit zugleich an sich selbst
gesündigt hat. Der Weg der Menschheit zur anständigen Gemeinschaft
wird mit mancher Fuhre Erde aus dem Garten Silvio Gesells gestampft
sein."
(Fanal Nr.7 (1930))
Das Grab von Silvio Gesell in Oranienburg
Photo: H.-J.Werner © 1985
Prof. Irving Fisher:
"Freigeld könnte der beste Regulator der Umlaufgeschwindigkeit
des Geldes sein, die der verwirrendste Faktor in der Stabilisierung des
Preisniveaus ist....Ich bin ein bescheidener Schüler des Kaufmanns
Gesell."
(in Stamp Scrimp, New York 1933, S.67 und Mail and Empire (Toronto) vom
21.11.1932)
Michael Ende:
"Der Grund für dieses verzweifelte Sichblindstellen liegt in einem
Wirtschafts- und Finanzsystem, das inzwischen alle Merkmale einer veritablen
Karzinombildung angenommen hat: Es muß ständig wachsen , um
zu existieren. Dieses Prinzip gilt für den ehemaligen
Staatskapitalismus ebenso wie für dennoch existierenden
Privatkapitalismus.(...) es hat keinen Zweck, an den erschreckenden Folgesymtomen
herumzuflicken: Das ganze Wirtschaftssystem muß eben geändert
werden. Aber das kann man nicht, oder man will es auch gar nicht.
Ich bin überzeugt, daß die großen Wirtschaftsleute und die
verantwortlichen Politiker aller Lager dieses Problem längst sehen
- aber sie schweigen. Sie wagen nicht darüber öffentlichg
zu sprechen. Denn eine Partei, die ernsthaft eine alternative, das heißt
nichtkapitalistische Wirtschaftsform auf ihr Programm setzen würde,
wäre aus mancherlei Gründen sehr schnell weg vom Fenster. Sie
würde wohl nicht einmal Wähler finden. Also werden es, wie ich
fürchte, die Ereignisse sein, die uns belehren.
Auf einem Dampfer, der in die falsche Richtung fährt, kann man nicht
sehr weit in die richtige Richtung gehen."
(Zettellkasten, Skizzen und Notizen, Stuttgart, Wien 1994, 275 f.)
Zum Hintergrund des satanarchäolügenialkohöllischen
Wunschpunsches:
"Denn die Tatsache, daß ein fünftel der Menschheit immer
reicher und vier Fünftel immer ärmer werden, das liegt natürlich
an unserer Wirtschaftsform und ganz speziell an unserem Geldwesen. Ich glaube,
daß an diesem Geldsystem etwas geändert werden muß, um zu
irgendeiner Art von Gleichgewicht in der Welt zu kommen..." (Interview,
in: Der Dritte Weg 5 (1992), S.15f)
Prof. Dr. Dudley Dillard:
"Gesells Standort ist sowohl antiklassisch als auch antimarxistisch(...)
Die Einmaligkeit der Gesellschen theoretischen Untersuchung erklärt
sich aus seiner Einstellung zur Sozialreform. Nur unter der
Berücksichtigung seines Allgemeinen Blickwinkels als Reformer kann seine
Theorie verstanden werden.(...) In einigen wichtigen Punkten ist seine Analyse
nicht voll entwickelt, aber im allgemeinen ist sein Modell
einwandfrei."
(in: Gesells Monetary Theory of Social Reform, in: American Economic
Review (AER) Vol. 32 (1942), S.348)
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