Dopppelte Staatsbürgerschaft wird unter AussiedlerInnen mehrheitlich für integrationsfördernd und für die Lebenssituation einiger Menschen als sinnvoll angesehen

Warendorf. Der Verein "Labyrinth e.V." befragte Aussiedler im Kreis Warendorf zu ihrer Meinung zur doppelten Staatsbürgerschaft. Dabei stellte sich heraus, daß 55% der befragten Aussiedler die doppelte Staatsbürgerschaft bejahten. 7% hatten in dieser Frage keine Meinung und 38% sahen die Möglichkeiten, die mit einer doppelten Staatsbürgerschaft verbunden sind eher skeptisch. Ein für Aussiedler äußerst geringer Anteil der befragten Personen besaß selber keinen zweiten Pass. Dies lag unter anderem an der Tatsache, daß viele der Befragten ursprünglich aus der Republik Kasachstan kamen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft ablehnt. In der Bundesrepublik haben Aussiedler jedoch grundsätzlich die Möglichkeit ihren alten Pass zu behalten.

Diejenigen, die sich für die Einführung einer generellen doppelten Staatsbürgerschaft in Deutschland aussprachen, sahen die Vorteile in der größeren Entscheidungsfreiheit der Menschen. z.Zt. entschieden Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland und Kasachstan mit dem generellen Verbot einer doppelten Staatsbürgerschaft für die Menschen, ohne, daß diese selber sich für die Aufgabe oder Annahme eines Passes entscheiden könnten.

Als Grund für die generelle positive Sicht der Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft wurde von den Befragten auf die besondere Problematik der gemischt- nationalen Ehen hingewiesen. Ein nichtdeutscher Partner habe bisher durch eine Ehe mit einem deutschen Partner automatisch auch dessen Land mitgeheiratet. Diese Tatsache bringt nach Auffassung der Befragten jedoch besondere Probleme mit sich. Eine vorgegebene zwanghafte Entscheidung in der Staatsbürgerschaftsfrage bedeute für diese Menschen ein hohes eingegangenes Risiko, falls sich die eheliche Beziehung als nicht dauerhaft erweisen sollte. Bei der Abgabe des Passes aus dem ursprünglichen Herkunftsland ist die Rückkehr dorthin in Frage gestellt. Andererseits muß eine Ehe in Deutschland eine gewisse Zeit Bestand gehabt haben, um dem ursprünglich nichtdeutschen Ehegatten einen weiteren Aufenthalt in Deutschland zu sichern.

An weiteren Gründen den ersten (russischen) Pass zu behalten, wurde auf die Möglichkeit der einfacheren Einreise nach Rußland hingewiesen. Hohe Visagebühren und Passformalitäten entfallen für die Betroffenen, die ihre dort noch lebenden Verwandten in Rußland besuchen möchten.

Nach Aussage der Befragten scheuen viele Familien die Abgabe ihres zweiten Passes auch wegen der hohen Entlassungsgebühren aus der ehemaligen Staatsbürgerschaft. (Rußland verlangt 750 Mark und Kasachstan 600 Mark) sowie dem Zwang zur persönlichen Anwesenheit bei dem zuständigen Konsulat.

Mit der Abgabe eines zweiten Passes sind neben finanziellen Fragen, aber auch Fragen des Hausbesitzes im Herkunftsland, Erbschaftsfragen und der Aufrechterhaltung von emotionalen Famililienbindungen verknüpft.

Die Beibehaltung eines zweiten Passes bedeutet, nach der mehrheitlichen Auffassung der Befragten, also nicht eine Entscheidung gegen die Integration in Deutschland, sondern hat mit der individuellen Problemlage der Menschen zu tun.

Man ist sich dabei durchaus bewußt, daß der Besitz eines zweiten Passes auch Probleme mit sich bringen kann. So ist ein diplomatischer Schutz der Betroffenen durch die Bundesrepublik Deutschland z.B: bei einer Einberufung zum Militärdienst, wie beispielsweise im Krieg gegen Tschetschenien nicht gegeben.

Dennoch wollen die befragten Aussiedler mehrheitlich die Entscheidung den Menschen selber überlassen wissen. Während Geld ungehindert alle Grenzen überschreiten kann, wird bei Menschen zunächst oft in erster Linie auf die Nationalität geschaut, ohne Rücksicht auf individuelle Problemlagen zu nehmen.

Der Verein Labyrinth begrüßt vor dem Hintergrund dieser Umfrage die Bemühungen zur Einführung der generellen Duldung einer doppelten Staatsbürgerschaft.


(Presseinformation 21.02.19998)


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